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Beteiligung ist (d)ein Recht – Bericht vom dritten Seminarwochenende von MUSKEPEER 2016

Im Beteiligungsseminar MUSKEPEER haben wir uns über Beteiligungserfahrungen und wesentliche Beteiligungsthemen in Wohngruppen ausgetauscht. Die Frage ist jedoch: Wo kann man diese eigentlich im Gesetz wiederfinden? Und warum will der Gesetzgeber überhaupt beteiligen? Was verspricht sich die Fachwelt davon? Diese Fragen standen über dem dritten Seminarwochenende von MUSKEPEER.

„Musst du über alles informiert werden, was dich betrifft?“ – (1.) „Ja, aber nur über das allerwichtigste“, (2.) „Ja, mit Einverständnis der Eltern“, (3.9 „Ja, über alles“ – 1,2 oder 3? Letzte Chance vorbei! Ob du wirklich richtig stehst, siehst du, wenn das Licht angeht. Mit dieser und anderen Fragen aus dem Kinderrechte-Quiz haben wir das Wochenende begonnen. (www.kinderrechte-quiz.de) Spielerisch haben wir uns noch einmal mit den Kinder- und Jugendrechten beschäftigt und so einen Einstieg in das Thema gefunden.

Insbesondere haben sich die 14 Jugendlichen und 4 Betreuer_innen die UN-Kinderrechtskonvention angeschaut. Sie gilt immerhin seit einigen Jahren als verbindlicher Rechtsrahmen für alle Kinder und Jugendlichen in Deutschland. Dabei stellt sich heraus, dass zwar die überwiegende Mehrheit der Kinderrechte aus Sicht der betroffenen Jugendlichen umgesetzt ist, wie z.B. die Meinungsfreiheit, der Schutz der Privatsphäre und das Verbot der Diskriminierung. Allerdings sehen die Jugendlichen auch einige Kinderrechte nicht verwirklicht. Unter anderem das Recht auf Familienzusammenführung, die Berücksichtigung des Kindeswillens und das Recht auf freien Zugang zu Medien.

Hinter dieser Einschätzung stecken sehr konkrete und intensive Erfahrungen der MUSKEPEER-Jugendlichen mit dem Handeln und Agieren von freien Einrichtungen und den Jugendämtern. Die Gruppe hat sich darüber hinaus mit den Beteiligungsrechten beschäftigt, die im Kinder- und Jugendhilfegesetz wiederzufinden sind. So haben sich die Jugendlichen Inhalte des Wunsch- und Wahlrechtes(§5 SGB VIII), der Beteiligung am Hilfeplangespräch (§36 SGB VIII) sowie der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen (§8 SGB VIII) erarbeitet.

Dabei haben sie sich auch die Frage gestellt, warum der Gesetzgeber überhaupt an so vielen Stellen Beteiligung als Prinzip festschreibt. Die Antwort liegt aus Sicht der Jugendlichen im §1 des SGB VIII, der vorsieht, dass sie sich zu eigenständigen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten entwickeln können. Dafür ist Beteiligung unabdingbar. Außerdem, so sagen die Jugendlichen, trüge Beteiligung dazu bei, dass die Willkür in Einrichtung begrenzt wird, dass Hilfen tatsächlich wirksam werden und individuell gestaltet werden können.

All diese inhaltlichen Punkte sollen Teil einer Ausstellung werden, an der wir seit dem ersten MUSKEPEER-Wochenende arbeiten. Die Ausstellung soll Einblick in die Lebensgeschichten von Jugendlichen gewähren; sie soll Auskunft über die Sicht von Jugendlichen auf Heimerziehung geben sowie Forderungen stellen, die sich an Jugendamt, Einrichtungen und Politik wenden.

Die Ausstellung, die als Wanderausstellung im Winter 2016/2017 eröffnet werden soll, wird über verschiedene Medien diese Themen präsentieren. Um uns verschiedene Möglichkeiten der Darstellung von Inhalten anzuschauen, haben wir am letzten Tag des Wochenendes verschiedene Ausstellungen des  Hygiene-Museums in Dresden besucht. Besonders eindrücklich fanden die Jugendlichen kurze Videosequenzen, Schaubilder, Vitrinen und eine Litfaßsäule. Wir wollen versuchen, diese Formen in der Wanderausstellung zu nutzen.

Angereichert wurde das Wochenende durch gemeinsames Kochen, einen Ausflug auf die Bastei, Gitarrespielen am Lagerfeuer und eine anschließende Nachtwanderung.

Das dritte Wochenende des MUSKEPEER-Seminars 2016 war geprägt von Erfahrungsberichten und vielen persönlichen Gesprächen. Deutlich hervor scheinen dabei Erfahrungen von Willkür durch Vormünder, gute und schlechte Erfahrungen mit Heimeinrichtungen und Wohngruppen und auch Enttäuschung über das Agieren von Jugendämtern. Deutlich wird aber auch, dass die MUSKEPEER-Jugendlichen zunehmend mehr über ihre Rechte wissen und diese auch einfordern. Wenn es gelingen sollte, diese Breite von Erfahrungen in der Ausstellung widerzuspiegeln, könnte das ein sinnvoller Beitrag für die Betonung der Kinderrechte und einen realistischen Einblick in die Wahrnehmung der Jugendlichen von Heimerziehung darstellen. Daran wollen wir mit den Jugendlichen in den kommenden drei MUSKEPEER_Seminaren im August, Oktober und November 2016 arbeiten.