KJRV_Fachtagung_Chemnitz_Workshop

1. Fachtagung KJRV e.V. in Chemnitz – alle Vorträge & Workshops

25. September 2023, 10.00 Uhr

VORTRAG 1 – Hilfeplanverfahren (§ 36 SGB VIII)

Prof. Dr. Simone Janssen,
Evangelische Hochschule Dresden, Professur für bürgerliches Recht und Strafrecht 

Die Gewährung von Hilfe zur Erziehung (§ 27 SGB VIII) setzt das Bestehen eines erzieherischen Bedarfs und die Auswahl der geeigneten und notwendigen Hilfe durch das Jugendamt voraus. Die Feststellung dessen soll im vom Jugendamt zu steuernden kooperativen Entscheidungsprozess (Hilfeplanverfahren, § 36 SGB VIII) erfolgen und die umfassende Beteiligung der betroffenen Kinder, Jugendlichen und Eltern sicherstellen. Der Hilfeplan ist die Dokumentation des Hilfeplanverfahrens.

Allerdings eröffnet die kooperative und prozesshafte Ausgestaltung des Hilfeplanverfahrens unterschiedliche praktische Umsetzungsmöglichkeiten. Dies wirft (auch juristische) Fragen auf: Wo ergeben sich Grenzen im Hinblick auf den Umsetzungsspielraum? Welche rechtliche Vorgabe ist zwingend vom Jugendamt in seiner Steuerungsverantwortung umzusetzen? Welche Rechte haben die betroffenen Kinder, Jugendlichen und Eltern im Hilfeplanverfahren?

 

Vortrag Hilfeplanverfahren

25. September 2023, 11.00 Uhr

VORTRAG 2 – Partizipation und Hilfeplanung

Kerstin Kubisch-Piesk,
Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Allgemeiner Sozialer Dienst

Partizipation ist eines der grundlegendsten Prinzipien der Demokratie. In der Jugendhilfe wurden in den letzten Jahren Stufenmodelle von Partizipation weiterentwickelt. Dabei geht es um die Beteiligung von Einzelnen und Gruppen an Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozessen. Als fachlicher Standard sind Familien, Kinder und Jugendliche an allen sie betreffenden Entscheidungen zu beteiligen. In den Hilfen zur Erziehung und im Kinderschutz.

Wir wissen aus Studien und Untersuchungen, dass Hilfen gut gelingen und erfolgreich sind, wenn Familien, Kinder und Jugendliche von Anfang an beteiligt werden.

Wie kann dies gut gelingen? Welche Verfahren sind dafür geeignet? Müssen Organisationen auch Strukturen der Beteiligung für Ihre Mitarbeitenden aufbauen?

Wie sinnvoll wäre ein Perspektivwechsel in unserer Arbeit: Nicht wir beteiligen die Familien, Kinder und Jugendliche, sondern sie beteiligen uns an ihrem Leben?

 

Vortrag Partizipation und Hilfeplanung

25. September 2023, 12.00-13.15 Uhr / 14.00-15.15

FORUM 1 – Das Hilfeplangespräch aus Sicht von Adressat:innen

Elsa Thurm,
Kinder- und Jugendhilferechtsverein e.V

Das Hilfeplangespräch ist ein wichtiges Element im Hilfeprozess, in dem gemeinsam mit Leistungsempfänger:innen erzieherische Hilfen besprochen und möglicherweise installiert, verlängert, angepasst werden sollen. Dafür ist die ernsthafte Beteiligung derjenigen wesentlich, die die Hilfen benötigen, ein relevanter Faktor für gelingende Hilfeprozesse. Forschungen zum Thema Beteiligung hingegen zeigen, dass viele junge Menschen und Eltern sich nicht wirksam beteiligt fühlen an den Hilfeprozessen, die sie und ihr Leben unmittelbar betreffen. Auch gibt es kaum Untersuchungen, in denen junge Menschen und Eltern selbst zu Wort kommen. Wie erleben denn diejenigen, für die die Hilfen zur Erziehung sind, das Hilfeplangespräch? Was für Erfahrungen haben sie mit dem Hilfeplangespräch, dem Setting und den Fachkräften gemacht? Was sind aus ihrer Sicht Gelingensfaktoren und was wirkt kontraproduktiv? Dieser Workshop wird diesen Fragen gemeinsam mit Careleaver:innen und Betroffenen auf den Grund gehen.

 

25. September 2023, 12.00-13.15 Uhr / 14.00-15.15

FORUM 2 – Settings im Hilfeplanverfahren

Björn Redmann,

Kinder- und Jugendhilferechtsverein e.V.

Hilfeplanung ist ein Kernprozess in der Kinder- und Jugendhilfe“ (BAG LJÄ). Das Hilfeplangespräch ist der zentrale Ort für die Aushandlung geeigneter Hilfen. Unter welchen Bedingungen diese Gespräche stattfinden entscheidet mitunter darüber, wie erfolgreich Hilfen laufen: Wer lädt ein? Wie wird ein Termin gefunden? Wie können sich alle auf das Gespräch vorbereiten? Wer darf Themen einbringen? Wie ist der Raum für das Gespräch gestaltet? Wie wird ein Ablauf gestaltet? Wer erhält welche Unterlagen? Im Diskussionsraum des Forum 2 werden wir gemeinsam diese und weitere Themen erörtern.

25. September 2023, 12.00-13.15 Uhr / 14.00-15.15

FORUM 3 – Partizipative Verfahren

Kerstin Kubisch-Piesk,
Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Allgemeiner Sozialer Dienst & Dr. Christian Schwarzloos, Netzwerkkonferenzen e.V.

Familienrat, Fachteamberatung und Sings of Safety- In diesen Verfahren geht es um die Aktivierung der Netzwerke im Lebensumfeld der Familien und um die Beteiligung der Kinder, Jugendlichen und Familien. In dem WS werden diese Verfahren kurz vorgestellt und aus der Berliner (bei Bedarf auch bundesweiten) Praxis berichtet. Diese Verfahren sind ein Schritt zu mehr Selbstbestimmung, Verantwortungsübernahme und damit erfolgreicherem Kinderschutz und hilfreicheren Hilfen zur Erziehung.

 

Präsentation: Partizipative Verfahren

25. September 2023, 12.00-13.15 Uhr / 14.00-15.15

FORUM 4 – Bedarfsermittlung und wie man sich dagegen wehren kann

Prof. Dr. Simone Janssen,
Evangelische Hochschule Dresden, Professur für bürgerliches Recht und Strafrecht

Das Jugendamt übernimmt die Kosten einer Hilfe zur Erziehung nur (mit Ausnahme von § 36a Abs. 3 SGB VIII), wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung erbracht wird. Dies setzt die Feststellung der Voraussetzungen für einen Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nach § 27 Abs. 1 SGB VIII voraus, mithin auch das Bestehen eines erzieherischen Bedarfs.

Die Ermittlung der Bedarfslage und wie sich dagegen gewehrt werden kann, stehen im Fokus des Workshops. Dabei sollen die Voraussetzungen »Nichtgewährung des Kindeswohl« und »Bedarfslage gerade in erzieherischer Hinsicht« – an Hand von eingebrachten Praxisbeispielen – diskutiert und mögliche Rechtsmittel bei unzutreffender Bedarfsermittlung aufgezeigt werden.

 

Präsentation: Workshop Bedarfsfeststellung

25. September 2023, 12.00-13.15 Uhr / 14.00-15.15

FORUM 5 – Systemische Auftragsklärung im Hilfeplanverfahren zwischen Anlass, Anliegen, Auftrag und Vereinbarung

Michael Wilfert, MBA, Sozialarbeiter (FH), Systemischer Berater, Familientherapeut und Supervisor (DGSF und SG), Geschäftsführer von SySTEP gGmbH

Auftragsklärung und Kundenorientierung sind wichtige Merkmale des systemischen Denkens und Handelns. In diesem Workshop erarbeiten wir praktisch die wesentlichen Merkmale einer gelungenen Auftragsklärung als Grundlage für erfolgreiche Arbeit im Rahmen der Hilfen zur Erziehung. Basis ist die Erkenntnis, dass Hilfen oft scheitern, bevor diese beginnen- wenn der Auftrag nicht passt. Neben einer theoretischen Einführung arbeiten wir mit der Methode des Auftragskarussells praktisch an eigenen Fallen.

Präsentation: SySTEP Auftragsklärung

25. September 2023, 12.00-13.15 Uhr / 14.00-15.15

FORUM 6 – Eltern mit Behinderungen im System der Jugendhilfe-Diskriminierung versus Kinderschutz?

Dr. Marion Michel, Fachstelle Unterstützte Elternschaft in Sachsen am Verein Leben mit Handicaps e.V.

Menschen mit Behinderungen und ohne Behinderungen haben die gleichen Rechte. So steht es in der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) und im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Der Alltag für Eltern mit Behinderungen sieht noch oft anders aus. Er wird noch zu oft geprägt von Ängsten vor Eingriffen in die elterlichen Rechte bis hin zur Herausnahme der Kinder aus der Familie. Sicherung des Kindeswohls ist dann das Argument, gegen das sich Eltern zur Wehr setzen müssen. Spätestens bei Einleitung von Sorgerechtsverfahren werden die Eltern mit Gutachtern für Familienpsychologische Sachverständigengutachten konfrontiert, die vom Artikel 23 der UN-BRK und von bedarfsgerechten Unterstützungsangeboten zur Wahrnehmung des Rechts auf selbstbestimmte Elternschaft noch nichts gehört haben. Die Folge sind schwerwiegend und hinterlassen bei Eltern und Kindern erhebliche Spuren. Wir brauchen einen Blickwechsel auf Eltern mit Behinderungen, wenn das Wort Inklusion ernst genommen wird.

Präsentation: Eltern mit Behinderungen im System der Jugendhilfe – Diskriminierung versus Kinderschutz

25. September 2023, 12.00-13.15 Uhr / 14.00-15.15

FORUM 7 – Jetzt kann sich wohl jeder einmischen?! Rolle und Auftrag von Ombudschaft im Hilfeprozess

Jens Borrmann-Lupprian & Johann Schulte,
Kinder- und Jugendhilferechtsverein e.V.

Im Rahmen der Gesetzesnovelle des SGB VIII in 2021 gab es gravierende Neuerungen in der Landschaft der Jugendhilfe. Herausragend ist dabei die Implementierung des § 9a im SGB VIII. Vor der Novelle oblag es dem »Überzeugungsgeschick« von Ombudsleuten, sich bei öffentlichen und freien Trägern der Jugendhilfe Gehör zu verschaffen. Dies gelang mehr oder weniger und hing stark vom »good-will« der Beteiligten ab.

Inzwischen herrscht eine andere Diktion in der Jugendhilfe. Ombudschaft ist gesetzlich verankert und somit von den Bundesländern vorzuhalten.

Leicht karikiert könnte behauptet werden: »EINMISCHEN« ist Pflicht und vor allem ein Rechtsanspruch geworden. Allerdings werden hierdurch bestehende Ressentiments nicht a priori aufgelöst. Es braucht Aushandlung und Kompromissbereitschaft von allen Beteiligten. Dann ist die Abschmelzung von Machtasymmetrien ein Prozess, welcher durchaus gelingen kann.

Im Seminar werden die Aufträge und Rollen Ombudschaftlicher Arbeit skizziert.

Ebenso werden bisherige Erfahrungen und aktuelle Veränderungen dargestellt. Wir wünschen uns einen kreativen und praxisnahen Diskurs. Exemplarische Praxisbeispiele können eingebracht werden, um das gemeinsame Arbeiten lebendig zu gestalten.

Präsentation: Ombudschaft in der Kinder- und Jugendhilfe in Sachsen

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