Veranstaltungsort
Leipzig / M. Andersen Nexö – Einrichtung
Datum
18.11.2025 von 08:45 bis 17:30Uhr
Zielgruppe
Fachkräfte von öffentlichen und freien Trägern der Jugendhilfe, Adressat*innen, Selbstvertretungen, Wissenschaft und Forschung
Inhalt
Aktuell leben bundesweit mehr als 120.000 Kinder, Jugendliche und junge Volljährige in Einrichtungen der stationären Kinder- und Jugendhilfe. Sie werden von 81.000 Fachkräften in bundesweit über 10.000 Einrichtungen begleitet und unterstützt. Die Praxis ist bunt und vielfältig, die Probleme greifbar und akut, denn
- die stationäre Jugendhilfe bietet jungen Menschen Lebensorte auf Zeit an – Eltern sollen parallel mit Unterstützung der Jugendhilfe ihre Erziehungskompetenz stärken oder wiedererlangen. Die Rückkehr in ihre Familien ist eine zentrale Perspektive, findet aber häufig viel zu wenig Beachtung.
- die stationäre Jugendhilfe hat ihre problematische Geschichte nicht umfassend aufgearbeitet, sie ist sich ihrer Disziplinierungs- und Degradierungstechniken kaum bewusst, in ihr kommt „schwarze Pädagogik“ wieder zum Vorschein, sie ist nicht ausreichend demokratisiert, die Ab-bruchraten sind erschreckend hoch.
- die stationäre Jugendhilfe ist unter Druck, weil ihr die nötigen Ressourcen verwehrt bleiben: in ihr zunehmend mehr unqualifiziertes Personal arbeiten soll, sie immer mehr leisten muss, sie immer weniger Zeit bekommt, die Vorschriften verschärft werden und sich auch damit wenig Innovation entwickelt.
All diese drei Blicke auf die stationäre Jugendhilfe haben ihre Berechtigung. Der Gesetzgeber hat rea-giert mit erweiterten Rechten der Nutzer*innen, mehr Vorschriften für die Einrichtungen und der Stärkung von Selbstvertretungen. Die Praxis hingegen zeigt viel zu oft, dass junge Menschen in den Einrichtungen der stationären Jugendhilfe ihre Rechte nicht oder nicht ausreichend kennen und auch Fachkräfte häufig zu wenig darüber wissen. In der Beratungsarbeit des Kinder- und Jugendhilferechtsvereins erfahren wir wiederkehrend von Grenzüberschreitungen und Rechtsbrüchen, welche die jungen Menschen erleben. Diese Situation war Auslöser dafür, junge Menschen aus der stationären Jugendhilfe zusammen zu bringen, zu vernetzen und mit ihnen gemeinsam eine neue Broschüre zu ihren Rechten in den Wohngruppen zu erarbeiten. Diese wird auf dem Fachtag von Vertreter*innen der Redaktionsgruppe erstmalig präsentiert und vorgestellt.
Diese Fachtagung will zur Diskussion einladen!
Zusammenfassend thematisiert diese Fachtagung vor dem Hintergrund der Einschätzung von Adressat*innen, ombudschaftlicher Erkenntnisse und wissenschaftlicher Analysen Forderungen an die stationäre Jugendhilfe und Forderungen aus der stationären Jugendhilfe.
Tagungsprogramm
Tagungsmoderation
Henriette Grapentin, Kinder- und Jugendhilferechtsverein e. V.
ab 08:45 Uhr Tagungsanmeldung
09:30 Uhr Begrüßungen
Grußwort von Franz Müller
Vorstand Kinder- und Jugendhilferechtsverein e.V.
Eröffnung durch Statements von:
- jungen Menschen aus der stationären Jugendhilfe (Sprecher*innen der Landesjugendkonferenz Sachsen und BUNDI)
- Eltern, die mit der stationären Jugendhilfe zu tun haben sowie
- Vertreter*innen der Fachkräfte durch eine Gewerkschaft
10:15 Uhr Vortrag I
„Zum Zustand der stationären Jugendhilfe“
Prof.in Dr. Zoë Clark, Universität Siegen
11:00 Uhr Kaffeepause
11:15 Uhr Vorstellung der neuen KJRV-Broschüre
„Deine Rechte in der Wohngruppe“
Vertreter*innen der Redaktionsgruppe der Broschüre
11:45 Uhr Vortrag II
„Eure Arbeit – Unser Leben. Bewertungen von jungen Menschen über die stationäre Jugendhilfe“
Kristoph Reimann, Interval GmbH
12:30 Uhr Pause mit Mittagsimbiss
13:30 Vortrag III
„Herausforderungen für die stationäre Jugendhilfe – was ist uns alles (neu) aufgetragen?“
Prof. Dr. Reinhard Wiesner
14:15 Uhr Kaffeepause
14:30 bis 16:00 Uhr Arbeitsgruppen
Arbeitsgruppe 1
Selbstvertretung aufbauen – in der Einrichtung, beim Träger und in der Region
Elsa Thurm (Kinder- und Jugendhilferechtsverein e.V.)
Arbeitsgruppe 2
Kinderrechte in der stationären Jugendhilfe durchsetzen – Vorstellung der neuen Broschüre von der Landesjugendkonferenz (LJK) und der externe Beschwerdestelle Leipzig (BeMiBe)
Sarah Preusker (Kinder- und Jugendhilferechtsverein e.V.) und junge Menschen aus dem Redaktionsteam
Arbeitsgruppe 3
Eltern wirklich am Alltag und an der Entwicklung ihrer Kinder teilhaben lassen. Wie das gehen kann am Beispiel einer Einrichtung in Dresden
Thomas Luding (Burmeister&Luding), Björn Redmann (Kinder- und Jugendhilferechtsverein e. V.)
Arbeitsgruppe 4
Externe Beschwerdemöglichkeiten für Einrichtungen entwickeln – eine Überforderung für die stationäre Kinder- und Jugendhilfe?!
André Kapuczinski (Kinder- und Jugendhilferechtsverein e.V.), N.N.
Arbeitsgruppe 5
Keine Zwei-Klassen-Jugendhilfe oder die Frage danach, wie sich Rechte von geflüchteten jungen Menschen in der stationären Jugendhilfe wirklich umsetzen lassen
Bianca Häse und Linda Sihem Bellounar (Sächsischer Flüchtlingsrat), Ulrike von Wölfel (Kinder- und Jugendhilferechtsverein e.V.)
Arbeitsgruppe 6
Machtreflexion in den stationären Hilfen: Hilfeplangespräche als Kristallisationspunkt zwischen Fremd- und Selbstbestimmung junger Menschen
Anna Michels-Boger und Lisa Baumann (Servicestelle Gewaltprävention DKSB Landesverband Sachsen e.V.)
16:00 Uhr Pause
16:30 Uhr Abschlussvortrag:
Abschlussvortrag „Wie könnte eine Kinder- und Jugendhilfe aussehen, die auf „Heimerziehung“ verzichtet? Oder: Plädoyer für die Abschaffung der Heimerziehung“
Prof. Dr. Timm Kunstreich
17:15 Uhr Abschluss und Verabschiedung
17:30 Uhr Ende der Tagung