18. Newsletter Oktober 2023
Kinder- und Jugendhilferechtsverein e.V.

1) Vorwort

Es kommen wieder vermehrt junge Menschen in unser Land. Sie fliehen vor Krieg, Armut und Perspektivlosigkeit. Und sie treffen hier auf einen Wohlfahrts- und Rechtsstaat, der gerade wieder dabei ist, ihnen verbriefte Rechtsansprüche vorzuenthalten. Die Landkreise und Kommunen erklären, dass sie die die gesetzlich vorgeschriebene Betreuung nicht mehr leisten könnten und schlagen Alarm. Das entsprechende Ministerium lädt zum Gespräch und gemeinsam wird dann in Aussicht gestellt, Standards absenken zu wollen: Unterbringung außerhalb der Jugendhilfe und Hilfskräfte zur Betreuung der jungen Menschen. Und wir beobachten in unserer Beratung, dass reihenweise Hilfen nach dem 18. Geburtstag beendet werden. Und der Ministerpräsident verweist auf die mangelnden Schulpätze und will junge Geflüchtete in Berufsausbildungen vermitteln statt sie in die Regelschule aufzunehmen. All das ist kinderrechtlich kaum zu rechtfertigen und gesetzlich anders geregelt. Und vor allem: Es war seit 2015 ja absehbar, dass es wieder vermehrt Fluchtbewegungen geben kann. Die entsprechenden Strukturen sind abgebaut worden, Einrichtungen der Jugendhilfe geschlossen worden. Diesmal kann niemand sagen: Das haben wir nicht erwartet. Diesmal ist es mindestens schlechte Planung.


2) Begrüßung neuer Mitarbeiter:innen im Verein

Ende September 2023 hat uns Katrin Hennig beim Projekt BeMiBe verlassen. Zu Anfang Okober konnten wir Andre Kapuczinski im Team begrüßen. Er wird zukünftig in der Beschwerdestelle Leipzig an der Seite von Henriette Grapentin arbeiten.


3) Vormerken: Jugendhilfetag in Leipzig in 2025

In knapp eineinhalb Jahren (vom 13. bis 15. Mai 2025) findet der nächste Jugendhilfetag (DJHT) statt. Diesmal in Leipzig. Die Stadt begrüßt dann rund 30.000 Fachkräfte aus dem In- und Ausland. Das Motto des nächsten DJHT hat die agj (Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe) nun vor wenigen Wochen festgelegt: „Weil es ums Ganze geht: Demokratie durch Teilhabe verwirklichen!“.
„Mit dem Motto machen wir als Veranstalterin darauf aufmerksam, dass junge Menschen, die Kinder- und Jugendhilfe und die Gesellschaft insgesamt in Anbetracht der multiplen Krisen vor entscheidenden Weichenstellungen stehen. Bei diesen Transformations-
prozessen geht es ums Ganze, damit junge Menschen eine gerechte und lebenswerte Zukunft haben,“ sagte AGJ-Geschäftsführerin Franziska Porst. „Der Fokus liegt dabei darauf, die Gesellschaft so zu verändern und weiterzuentwickeln, dass alle Menschen in ihrer Verschiedenheit gleichberechtigt miteinander leben und an allen Lebensbereichen teilhaben. Nur so kann Demokratie gelingen!“, so Porst weiter. Der DJHT werde als der größte Jugendhilfegipfel in Europa dazu beitragen, Lösungsansätze für die aktuellen fach- und gesellschaftspolitischen Herausforderungen zusammenzutragen, zu reflektieren und voranzubringen.


4) Neuigkeiten aus (hier Kategorie Aktuelles)
Überarbeitete Löwenelternbroschüre mit neuem Namen und aktualisierter Rechtslage nun erhältlich
Wegweiser durch die Jugendhilfe Von Eltern für Eltern Elternbroschüre mit neuem SGB VIII – Stand: 2023…
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Eine neue, starke Stimme: Sachsen hat eine Vertretung der jungen Menschen aus Wohngruppen der Jugendhilfe
Die erste landesweite Selbstvertretung in der Jugendhilfe hat sich konstituiert. Es ist gelungen! Zum ersten…
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5) Queersein in der Jugendhilfe. Durchaus ein Problem!

Die Selbstvertretungsorganisation von Jugendlichen aus Heimen und Wohngruppen NRW hat Forderungen an die Heimerziehung zum Thema formuliert. Darunter:
- Fachkräfte dürfen sich nicht wegducken bei dem Thema
- Es braucht Fortbildung für Mitarbeiter:innen zum Thema, damit nicht mehr die Jugendlichen die Fachkräfte aufklären müssen
- Unterstützung und Hilfe bei Coming out, Transition und Outing, auch Begleitung durch Fachkräfte zu Ärzten etc.
- Fachkräfte müssen bei queerfeindlichen Aussagen handeln
- Fachkräfte sollen geschlechtsneutrale Sprache verwenden
- keine geschlechtsspezifische Raumaufteilung
- Fachkräfte sollen den gewünschten Namen verwenden und nicht den "Deadname"
- mehr Gruppen sollten Transpersonen aufnehmen

Link zum Papier

6) Bundesnetzwerk verabschiedet Position zu Geschlossener Unterbringung und Freiheitsentziehenden Maßnahmen

Das Bundesnetzwerk Ombudschaft (BNO), in dem der KJRV Mitglied ist, hat ein Positionspapier zu freiheitsentziehenden Maßnahmen und geschlossener Unterbringung in der Kinder- und Jugendhilfe veröffentlicht. Das BNO blickt aus menschen- und kinderrechtlicher Sicht ablehnend auf geschlossene freiheitsentziehende Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in der Kinder- und Jugendhilfe resp. den Hilfen zur Erziehung. Die fachlichen Begründungslinien werden ausgeführt unter den Überschriften „Kinderrechtliche und jugendhilferechtliche Perspektive“, „Geschlossene Systeme sind anfällig für Machtmissbrauch und Gewalt“ und „Geschlossene Unterbringung steht in einem nicht aufhebbaren Widerspruch zu den Prämissen unabhängiger Ombudschaft“.”

Link zum Positionspapier

7) Erlass des Sozialministerium Sachsen zur Senkung der Fachstandards in den Jugendhilfeeinrichtungen verlängert

Das Staatsministerium hat den Erlass zu reduzierten Fachstandards vom Dezember letzten Jahres mit Wirkung ab 01. Oktober bis zum 31.12.2025 verlängert. Damit sollen die bisher mit geringeren Standards entstandenen Betreuungsarrangements länger vorgehalten und mehr Plätze für unbegleitete ausländische Kinder und Jugendliche geschaffen werden.
Die Landkreise in Sachsen schlagen weiterhin Alarm und erklären, dass sie mit der Unterbringung der zunehmenden Zahl junger Geflüchteter überfordert sind. Mitte Oktober sprach das Sozialministerium in einer Presseerklärung von bisher 1.002 jungen unbegleitete Geflüchtete in Sachsen in diesem Jahr. Im Ergebnis eines Gesprächs mit dem Sächsischen Landkreistag und dem Sächsischen Städte- und Gemeindetag wurden gemeinsame Forderungen an den Bund bekannt gemacht. Neben der Forderung nach mehr Geld vom Bund werden damit Standardabsenkungen beim Schutz von ausländischen Jugendlichen gegenüber dem BMFSFJ und den anderen Bundesländern ins Gespräch gebracht. Die Presse meldet unterdessen, dass zu den Forderungen an den Bund gehöre, zukünftig geflüchtete Jugendliche ab 16 Jahren wie Erwachsene in Erstaufnahmeeinrichtungen unterbringen zu können. Die Betriebserlaubnis über die Einrichtungen für ausländische Kinder- und Jugendliche soll zudem auf die Kommunen zu übertragen werden können. Die Vertreter des Landesjugendhilfeausschusses stehen dem laut Pressebericht kritisch gegenüber.

Ob und inwieweit die Verlängerung des Erlasses und die bekannt gemachten Forderungen an den Bund dazu beitragen, mehr Plätze in Wohngruppen für ausländische Kinder und Jugendliche zu schaffen, ist derzeit offen.
Es fehlen gegenwärtig vor allem Plätze in Wohngruppen für Jugendliche ab 15 Jahren. Und diese müssen so gestaltet werden, dass sie gerade jungen Menschen mit Fluchterfahrung die professionelle Betreuung und Ruhe bieten, die sie brauchen.

Link zu Medienservice Sachsen
Link zum MDR- Beitrag

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