17. Newsletter Juni 2023
Kinder- und Jugendhilferechtsverein e.V.

1) Vorwort

Noch immer ist es die SGB VIII-Reform, die die Kinder- und Jugendhilfe durchrüttelt: Ombudsstellen für alle Leistungen der Jugendhilfe sind verpflichtend einzurichten (§ 9a), Selbstvertretungsstrukturen anzuregen (§ 4a), Beschwerdestrukturen in den Einrichtungen zu schaffen (§ 45), die Lebenslagen nicht-binärer junger Menschen zu beachten (§ 9), umfassend Beratung zu leisten (§ 10a), Hilfen übers 18. Lebensjahr hinaus zum Standard zu machen (§ 41), Nachbetreuung einzurichten (§ 41 a), Eltern stärker zu beteiligen (§ 36), Rechte für Pflegekinder zu sichern (§ 37b) und vieles andere mehr. Noch immer ist davon wenig umgesetzt - zwei Jahre nach Inkrafttreten der Reform. In unseren Projekten merken wir jeden Tag, was alles noch nicht geht.

Worüber wir uns freuen: Mit der Stadt Dresden unternehmen wir einen Versuch, eine Struktur für Selbstvertretungen in der Stadt zu schaffen, mit dem Land Sachsen entwickelt wir das auf Landesebene ("Landesjugendkonferenz") für Jugendlichen aus der stationären Jugendhilfe, mit der Stadt Leipzig entwickeln wir die Beschwerdestelle weiter. Alles gute Bausteine, um der Reform des SGB VIII weiter zur Umsetzung zu verhelfen.

Aber: Es braucht ein sächsisches Landesausführungsgesetz (die Kommunen warten darauf), andere Länder haben dieses schon. In Sachsen gibt es noch nicht mal einen Entwurf. Hoffen wir, dass das noch in dieser Legislaturperiode kommt. Im Frühjahr des kommenden Jahres schließt sich das Zeitfenster dafür. Denn im Herbst drohen die Landtagswahlen.


2) Neue bundesweite Zahlen zur Hilfe zur Erziehung im Jahr 2021

Neue Zahlen zur Inanspruchnahme von Hilfen zur Erziehung sind da: Weiterhin nehmen rund 950.000 junge Menschen und ihre Familien erzieherische Hilfen in Anspruch. Die Inanspruchnahme ist im Jahr 2021 weitgehend stabil geblieben. Lediglich die Hilfen für junge Volljährige werden seltener als im Vorjahr in Anspruch genommen. Kontinuierlich rückläufig seit 2016 sind die Zahlen in der Heimerziehung und Vollzeitpflege. Die Autor:innen gehen davon aus, dass diese Rückläufe auf ehemalige unbegleitete minderjähriger Geflüchtete zurückzuführen sind, die nach der starken Zuwanderung in den Jahren 2015 und 2016 mit zunehmendem Alter das Jugendhilfesystem wieder verlassen haben. Es sei aber davon auszugehen, dass die erneut stark steigenden Inobhutnahmezahlen aufgrund unbegleiteter Einreisen ausländischer Minderjähriger diese Zahlen wieder steigen werden. Quelle: https://www.akjstat.tu-dortmund.de/komdat/ausgabe/komdat-032022/

Zu den Zahlen der TU Dortmund

3) Lesenswerter Beitrag zur Privatsphäre junger Menschen in der Heimerziehung

In unseren Seminaren mit jungen Menschen begegnen uns immer wieder Berichte über die Verletzung der Privatsphäre, wenn wir über Kinderrechte mit ihnen ins Gespräch kommen. Im aktuellen Heft der Forum Erziehungshilfen (1/2023) ist ein sehr lesenswerter Beitrag von Michael Behnisch und Katharina Joos erschienen, der Überlegungen zur Privatsphäre junger Menschen in der Heimerziehung anstellt. Sehr übersichtlich fächern Sie die verschiedenen Dimensionen von Privatheit und Privatsphäre auf (Entscheidungen, Informationskontrolle, Zugang zu Orten) und kontrastieren diese mit Interviewsequenzen aus verschiedenen Studien. Deutlich wird in dem Beitrag, wie wenig die Privatsphäre geachtet wird und was getan oder unterlassen werden müsste, um die Achtung des Privaten und Intimen Rechnung zu tragen und eine Lebensweltorientierte Jugendhilfe zu gestalten.


4) Neuigkeiten aus (hier Kategorie Aktuelles)


5) Interessantes Angebot für 18jährige im Jahr 2023

Zwei Jahre lang konnten junge Menschen während der Pandemie keine Live-Kultur erleben. Mit dem KulturPass möchte der Bund es ihnen jetzt leichter machen, ihre Kulturszene vor Ort näher kennenzulernen. „Wir wollen den Weg in die Kultur öffnen und junge Menschen für die Vielfalt der Kultur in unserem Land begeistern“, betont Kulturstaatsministerin Claudia Roth, auf deren Initiative der KulturPass zurückgeht. Alle jungen Menschen, die in Deutschland leben und im Jahr 2005 geboren wurden, erhalten daher ein Budget von 200 Euro, das sie auf einer digitalen Plattform einlösen können. Sie steht ab sofort als App zum Download bereit:

Zu den Angeboten des Kulturpass

6) Neuigkeiten zu den „Verfahrenslotsen“

Im Vorgriff auf die „Inklusive Lösung“, also der Bündelung aller Leistungen für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen unter dem Dach der Kinder- und Jugendhilfe ab 2028 (ein Bundesgesetz ist gerade in Vorbereitung), werden ab Anfang des kommenden Jahres sogenannte „Verfahrenslotsen“ eingeführt. Ihre Aufgabe ist es, Leistungen der Eingliederungshilfe durch die Kinder- und Jugendhilfe an junge Menschen und ihre Familien zu vermitteln. Außerdem sollen sie die Jugendämter bei der Umsetzung der inklusiven Lösung strukturell unterstützen. In einer Sitzung der zuständigen „AG Inklusives SGB VIII“ beim BMFSFJ wurden dazu Details entwickelt: Es wird ein Online-Kurssystem zur Qualifizierung entwickelt, ein „Werkzeugkasten“ bereitgestellt und Qualitätsleitlinien erarbeitet. Die Verfahrenslotsen bräuchten einschlägige Rechtskenntnisse, Beratungskompetenz und Fachwissen zu Teilhabe, Eingliederungshilfe und Medizin.
Die BAG Landesjugendämter hat eine Empfehlung zu den Verfahrenslotsen herausgegeben: Verfahrenslotsen sollten eine eigenständige Organisationseinheit im Jugendamt sein; organisatorische Unabhängigkeit und weisungsungebundene Beratungsarbeit sind wesentliche Kriterien. Es sollten besonders erfahrene Fachkräfte sein, die außerhalb der Regelstruktur für Verwaltungsverfahren zur Eingliederungshilfe verortet sind.
In Sachsen planen die Landkreise i.d.R. eine Vollzeitstelle für die Lots:innen. Das geht aus einer Befragung des Landkreistages hervor.

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(Albert Einstein)

 

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