Der aktuelle Newsletter des Kinder- und Jugendhilferechtsverein e.V.
23. Newsletter November 2024

1) Vorwort

Mitte Mai hat uns ein bestürzendes Ereignis getroffen: Unser langjähriger Vorstandsvorsitzender Hartmut Mann war völlig überraschend gestorben. Das hat unseren Verein und die Projekte ziemlich durcheinander gebracht. Hartmut war im Verein allseits geschätzt und Ratgeber, Stabilitätsanker und Organisator zugleich. Es hat uns sehr viel Emotionen und Kraft gekostet, sein Wegsein zu verarbeiten und neue Wege zu finden. Mittlerweile ist das gelungen. Wir haben einen neuen Vorstand gewählt, Arbeitsprozesse angepasst und einen Weg in die Zukunft gefunden.

Das ist nicht wenig in diesen Zeiten. Uns betreffen außerdem natürlich die Wahlergebnisse der Kommunal- und Landtagswahlen in Sachsen sowie die Kürzungen (u.a. in Dresden) in der Kinder- und Jugendhilfe und im Sozialbereich. Aus unserer Sicht gibt es da nichts zu sparen - jede Kürzung oder Schließung von Einrichtungen wird zu mehr Hilfesuchenden und mehr Konflikten führen. Das spüren wir in unserer Ombudschaftlichen Arbeit schon heute. Wir werden im Chor mit anderen dafür streiten, dass "Einrichtungen und Dienste [...] so geplant werden, dass insbesondere [...] ein möglichst wirksames, vielfältiges, inklusives und aufeinander abgestimmtes Angebot von Jugendhilfeleistungen gewährleistet ist" (§ 80 SGB VIII).


2) Neuer Vorstand gewählt

Durch den Tod von Hartmut Mann als Erstem Vorsitzenden wurden Neuwahlen im KJRV nötig. Anfang September fand daher eine außerordentliche Mitgliederversammlung statt, auf der Prof. Dr. Barbara Wolf zur Ersten Vorsitzenden bestimmt wurde, Franz Müller als Zweiter Vorsitzender und Prof. Ullrich Gintzel als Beisitzer gewählt wurden. Außerdem im Vorstand arbeiten: Jessica Böttger, Alexander Merkel, Alina Peters und Anita Ulrich.


3) HoD in Gefahr - Keine Förderung für das Careleaverzentrum?

Im Zuge der Kürzungen in der Stadt Dresden steht das Careleaverzentrum "House of Dreams" (HoD) in Frage. Dazu haben die jungen Menschen folgendes Statement:

"Schon wieder? Ja! Diesmal kommt es sogar noch schlimmer, denn das Careleaver Zentrum soll es ab 2025 gar nicht mehr geben!

Wir als Careleaver:innen haben einen Teil unseres Lebens in Heimen verbracht, was bedeutet, dass unser Aufwachsen von Vernachlässigung, Unsicherheiten, Beziehungsabbrüchen, zerbrochenen Familienverhältnissen und dem ständigen Streben danach, als Mensch gesehen zu werden geprägt ist. Wir stehen vor großen Herausforderungen, müssen ohne jeglichen Rückhalt (inkl. der Jugendhilfe) rasend schnell erwachsen werden und brauchen dafür umfangreiche Unterstützung, die uns (mal wieder) versagt wird. Mit dem House of Dreams soll uns ein Ort genommen werden, der uns Zuflucht bietet, uns in Krisen auffängt und uns so akzeptiert, wie wir sind. Ein Ort, der gemeinsam mit uns für eine bessere Zukunft für Careleaver:innen kämpft und uns eine Stimme gibt. Ein Ort, der uns im Alltag unterstützt und uns die Möglichkeit bietet, auf andere junge Menschen mit ähnlichen Geschichten zu treffen. Dieser Ort ist mehr als ein Jugendtreff. Er ist ein zweites und für viele sogar ihr erstes Zuhause. Wenn es diesen Ort nicht mehr gäbe, würde vielen von uns etwas genommen werden, was für die meisten Menschen selbstverständlich ist – ein Stück Familie.

Wir wollen diesen (Un)Zustand nicht akzeptieren, damit das „House of Dreams“ nicht bald nur noch ein Traum gewesen sein wird!"

Sie können das Careleaverzentrum unterstützen: https://kurzlinks.de/ctd2

 


4) Neuigkeiten


5) Leichte Steigerungen, deutliche Verschiebungen und ein Digitaler Themenschwerpunkt. Erkenntnisse aus dem sächsischen Kinder und Jugendbericht

Im November des vergangenen Jahres ist der Sechste Kinder- und Jugendbericht Sachsens herausgegeben worden. In jeder Legislaturperiode erscheint ein Bericht über die Leistungsfähigkeit der sächsischen Kinder- und Jugendhilfe mit jeweils einem Schwerpunktthema.

Der Schwerpunkt dieses Bericht sind digitale Lebenswelten junger Menschen. Für den Bericht sind u.a. junge Menschen und Fachkräfte befragt worden.

Insgesamt zeigt der Bericht, dass es eine leichte Steigerung der Zahl der jungen Menschen unter 25 Jahren im Berichtzeitraum gab. Demgegenüber gab es einen Rückgang der Zahl der Einrichtungen der Jugendarbeit zwischen 2016 und 2020 um rd. 21 % bzw. der Schulsozialarbeit um 19 %. Ebenfalls zurückgegangen ist die Zahl der Familienberatungsstellen im selben Zeitraum um 14 Prozent. Im selben Zeitraum stieg die Zahl der HzE- Einrichtungen um 9 Prozent.

Sachsenweit ist zw. 2015 und 2020 eine deutliche Verschiebung innerhalb der HzE-Maßnahmen zu sehen: Rückgang der Sozialen Gruppenarbeit um 39 Prozent, Rückgang der intensiven Einzelbetreuungen nach § 35 um 28 Prozent, Rückgang der Vollzeitpflege nach § 33 um 19 Prozent. Demgegenüber gab es deutliche Zunahmen: Eingliederungshilfe nach § 35a um 25 Prozent; Einzelbetreuungen nach § 30 um 12 Prozent, familienorientierte Hilfen nach § 27 um 8 Pozent, SPFH um 5 Prozent, Tagesgruppe um 3 Prozent.

Die jährlichen Ausgaben für Hilfen zur Erziehung sind zwischen 2015 und 2020 um mehr als 50 Prozent gestiegen und damit mehr als 20 Prozent stärker als im Bundesdurchschnitt. Im Jahr 2020 gab Sachsen insgesamt knapp 600 Millionen Euro für Hilfen zur Erziehung aus.
Themen, die aus Sicht von Fachkräften eine besondere Rolle spielen waren:

-    Fachkräftemangel, vor allem im ländlichen Raum und in bestimmten Leistungsbereichen wie Mobile Jugendarbeit oder stationären Erziehungshilfen. Teilweise müssen Fördergelder zurückgegeben und Einrichtungen geschlossen werden. Dazu kommt der Weggang von Ehrenamtlichen in Folge der Corona-Pandemie.

-    Gestiegene Bedarfe infolge weltweiter Krisen (Corona, Ukrainekrieg, Klimawandel) und entstehenden Ängsten bei jungen Menschen, die sich in gesteigerter Traurigkeit, Antriebslosigkeit, Rückzug ins Digitale, Schulverweigerung, Hinwendung zu rechten Ideologien und Verschwörungsmythen äußere.

-    Fachkräfte sehen einen gesteigerten Bedarf an psychotherapeutischer und psychiatrischer Versorgung, der häufig nicht gedeckt werden könne.

Der Bericht benennt für den Themenschwerpunkt einige Handlungsempfehlungen. Es braucht ein „Entwicklungsprogramm digitale Kinder- und Jugendhilfe“, durch das die Anschaffung von digitalen Endgeräten und Software gefördert wird, Aus- und Fortbildungsprogramme für Fachkräfte umgesetzt werden und medienpädagogische Angebote für junge Menschen entwickelt werden. Darüber hinaus braucht es mehr Qualifizierung von Fachkräften, durch die Aneignung von Fachwissen, Erarbeitung innovativer Angebote, Medienerziehung, Qualifizierungscurriculum und Umsetzung von Datenschutz möglich werden. Außerdem empfehlen die Autor:innen den Aufbau einer landesweiten Medienkompetenzstelle zur Qualifizierung, Beratung und Information der Fachkräfte, Eltern und Interessierten sowie Maßnahmen zur Stärkung der Medienkompetenz von jungen Menschen.
Der Bericht ist hier nachlesbar.


6) Liga der Wohlfahrtsverbände in Sachsen sieht „erheblichen Handlungsbedarf“ bei sogenannten Annexleistungen

Junge Menschen, die in Wohngruppen leben, haben Anspruch auf Beihilfen und Zuschüssen nach § 39 & 40 SGB VIII. Das sind beispielsweise Gelder für Weihnachts- und Geburtstagsgeschenke, Brillen, Kontaktlinsen, Zahnspangen, Bekleidungsgeld oder Laptops. Ob und wieviel Geld sie für diese Dinge bekommen, ist davon abhängig, wo sie leben. Die Liga hat sich nun in einem Positionspapier dafür ausgesprochen, diese Beträge anzugleichen und zu erhöhen. Außerdem sollen die Beiträge regelmäßig angepasst werden. Das Papier ist hier zu finden.



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(Albert Einstein)

 

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